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Ravensburg Nord (Aulendorf/Bergatreute): Entspannte Berg- & Talfahrt

Es ist Mittwoch. Für 18 Uhr steht an diesem Wochentag normalerweise die Ausfahrt unserer Rennradgruppe nach der Arbeit auf dem Plan. Treffpunkt Ist die Pforte der Firma Vetter im Kammerbrühl in Ravensburg. Den ganzen Tag hat es zeitweise immer wieder in Strömen geregnet. Gehagelt hat es nicht… außer vielleicht Absagen der Kollegen. Vor einer Stunde etwa hat es aufgehört zu regnen und jetzt um 2 Minuten vor 18 Uhr scheint sogar wieder die Sonne. Es ist frisch, aber die Strasse ist trocken. Ich stehe an der Pforte und bin skeptisch dass jetzt noch jemand kommt. Meine Skepsis wird leider nach 2 Minuten bestätigt – normalerweise sind die Kollegen pünktlich. Ich warte noch 5 Minuten, dann klicke ich die Schuhe in die Pedale und begebe mich solo auf Tour. Da ich diese Situation fast erwartet hatte, habe ich mir eine nette kleine 63 km Schleife nördlich um Ravensburg ausgedacht. Es geht Richtung Aulendorf und Bergatreute.

Der Weg aus Ravensburg raus Richtung Mochenwangen ist nicht gerade ein Highlight dieser Tour, aber auch nicht gerade schlecht. Als ich mich so gegen halb sieben auf den Weg mache ist der schlimmste Berufsverkehr schon abgeebbt. Die Blechlawinen haben sich bereits ins Umland verteilt und so kann man die ersten knapp 15 Kilometer auf Ravensburgs Ausfallstraßen auch durchaus genießen.

Ohnehin verlässt auf der Tour bereits kurz nach Weiler die Hauptstraßen und biegt links in einen der vielen Wirtschaftswege dieser Region ein, die für den Autoverkehr gesperrt sind. Und nachdem ich schließlich kurze Zeit später auch noch bei Staig lebend die B32 überquert habe wird es Richtung Mochenwangen schon richtig ländlich. Anstatt der K7953 dann direkt Richtung Mochenwangen zu folgen ist mein Tipp einen kleinen aber lohnenswerten Umweg über Messhausen zu nehmen.

In Mochenwangen angekommen hält die Tour dann Richtung Wolpertswende die ersten Höhenmeter bereit. Noch einmal rolle ich aus dem Ort heraus kurz bergab, aber dann sehe ich bereits kurze Zeit später in der Ferne, ganz oben auf dem Berg, die Kirche von Wolpertswende. Vor allem die letzten 500 m haben es mit durchschnittlich über 10 % in sich. Das Verkehrsschild mit dem Hinweis auf 18 % maximale Steigung ist nicht nur leicht furchteinflößend, sondern auch noch korrekt. Immerhin ist die Steigung erstens wirklich nur knapp 100 Meter so wirklich heftig und zweitens entschädigt, zumindest an diesem Tag, ein kurzer Blick über die Schulter zurück ins weit unten Schussental für die Anstrengung.

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Blick auf Messhausen. Bis Mochenwangen kann man schön flach einrollen, aber dann…

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… droht bereits in der Ferne auf dem Berg die Kirche vom Wolpertswende…

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… und die letzten Meter dort hinauf haben es ganz schön in sich!

Zwar liegt Wolpertswende nur etwa hundert Höhenmeter über dem Schussental, aber an diesem Tag herrscht sehr klare Sicht und daher kann mein Blick ungehindert über eine schier unglaubliche Anzahl von Grüntönen hinweg, bis zu den Alpen schweifen. Die Laubwälder bieten zu dieser Jahreszeit alle nur möglichen Varianten der Farbe Grün. Dazwischen sorgen die Getreidefelder und frisch gemähten Wiesen mit weiteren Grüntönen für Abwechslung. Im Vergleich dazu wirken die dunkelgrünen Flecken der Tannenwälder fast schwarz.

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Auf dem Weg nach Haller kurz hinter Wolpertswende. Angenahm flaches bis leicht hügeliges Gelände. Der Blick kann schweifen. Und wenn man Glück hat…

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… kann der Blick über die Schulter ins hinter einem liegende Schussental hier großartiges sehen…

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…nämlich zum Beispiel ein einzigartiges Alpenpanorama!

Oben angekommen in Wolpertswende biege ich nach rechts Richtung Zollenreute / Aulendorf, verlasse aber die Kreisstraße sofort wieder und biege weiter nach rechts in einen beschaulichen Weg Richtung Segelbach / Haller ab. Auch wenn die Kreisstraße nach Aulendorf mit Sicherheit nicht schlecht ist, diese Variante ist schöner – in jedem Fall um diese Jahreszeit. Der ausstehende Beweis für diese Behauptung erfolgt in wenigen Kilometern. Kurz vor Münchenreute biege ich rechts ab nach Haller. Von dem, was die Natur so an Farben im bisherigen Verlauf der Strecke zu bieten hatte, war ich ja schon wirklich angetan. Links und rechts der Straße bunt blühende Wiesen, vor allem mit Margeriten und leuchtend gelber Hahnenfuß. Daneben die Blüten der Obstbäume und die farblichen Akzente des Flieders. Aber was hier jetzt so kurz hinter dem kleinen Häuserhaufen in Haller nach einer scharfen Linkskurve kommt, das toppt wirklich alles. Die kleine Straße wird Richtung Zollenreute wird förmlich von dem glühend gelben Rapsfeld geschluckt. Mitten durch die Blütenpracht führt der Weg. Manch einer findet den Geruch von Raps und ja nun nicht gerade so erbaulich. Aber in diesem Fall ist man im ersten Moment vom optischen Eindruck so voll und ganz eingenommen und faszinierte, dass der Geruchssinn erst mal warten muss. Und so als Rennradler denke ich in diesem Moment auch an die immer wieder beeindruckenden Fernsehbilder der Tour de France, wo ein rasendes Peloton durch die Sonnenblumenfelder Frankreichs dahin jagt. Tja, was dem Franzosen die Sonnenblumenfelder, das sind dem Deutschen seine Rapsfelder. Und wenn man genau überlegt, so hat es der Radler in Deutschland deutlich besser, denn Sonnenblumenfelder gibt’s bei uns auch und die Rapsblüte ist zweimal im Jahr. Vive la Tour (et l‘Allemagne) denke ich mir da nur und komme mir vor wie ein Profi als ich die Straße durch das gelbe Meer wieder verlasse.

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Die Tour de France läßt grüßen. Die Rapsfelder in Oberschwaben leuchtet mindestens genauso schön wie die telegenen Sonnenblumenfelder in Frankreich bei der Tour de France! Und daher nachfolgend noch ein paar Impressionen ohne Worte.

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Kurz hinter Zollenreute biege ich nach kurze Schussfahrt rechts ab nach Rugetsweiler, lasse Aulendorf im wahrsten Sinne des Wortes links liegen und biege oben angekommen nach dem kleinen Einkaufsgebiet rechts ab auf die Ladstraße Richtung Reute. Die Landstraße selbst wäre jetzt nicht so toll, aber es gibt einen top Radweg. Zusammen mit dem an diesem Tag strammen Rückenwind macht selbst die Fahrt auf einer so topfebenen Strecke wie hier enormen Spaß. Flach ist eben nicht gleich flach. Und auch wenn ich ganz flache Strecken eigentlich nicht so mag muss ich zugeben, dass diese Landschaft durchaus ihre Reize hat. Vielleicht liegt das aber auch an den beeindruckenden Lichtverhältnissen die dieser Abend zu bieten hat. Die Luft an diesem durchregneten Tag ist jetzt glasklar und mächtigen Wolkentürme der abziehenden Regenwolken in der Ferne werden in ein fast kitschiges Licht verschiedener Rot-, Orange- und Grautöne getaucht. Auch die restlichen Farben wirken jetzt so kurz vor Sonnenuntergang völlig übersättigt, wie zum Beispiel das Grün der Wiesen und Wälder und das dunkelblau des Abendhimmels. Rennradeln IM Regen ist wirklich schei…, aber Rennradeln NACH dem Regen kann wirklich traumhaft sein. Kurz vor Wallenreute muss ich demnach auch aufpassen, damit ich nicht vor lauter Geschwindigkeitsrausch weiter geradeaus fahre und den Abzweigungshinweis des Radwegs nach Tannweiler / Reute verpasse. Zugegebenen, man könnte dann auch auf der Landstraße 285 weiter nach Reute fahren. Aber auf der Nebenstrecke über Tannweiler fährt es sich mit Sicherheit entspannter. Schön ist hier auch der Blick über die Felder auf das Kloster Reute, der sich kurz vor der kleinen Ortschaft bietet.

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Blick auf das Kloster in Reute aus Richtung Untermöllenbronn

In Reute halte ich mich zunächst links Richtung Kloster (Straße nach Bad Waldsee) und biege aber beim Kloster sofort wieder nach rechts ab und schlängle mich anschließend auf schmalen, geteerten Wirtschaftswegen nach Gaisbeuren. Die kleine Ortschaft Gaisbeuren wartet erneut mit einer Höchstschwierigkeit dieser Tour auf. Es gilt wieder einmal unbeschdet eine Bundesstraße zu überqueren. Dieses Mal ist es die B30. WIe bei der B32 eine nicht zu unterschätzender Herausforderung. An diesem Abend, um diese Uhrzeit ist allerdings beängstigend wenig los. Nix wie rüber. Gleich 100 m hinter der zu dieser Tageszeit vereinsamten Bundesstraße wird es noch ruhiger. Die Strecke, die jetzt folgt und über die Dörfer Dinnerried, Gwigg, Abetsweiler und Witschwende in einem nordöstlichen Bogen rund um Bergatreute führt, kann ich einfach nur als wunderschön bezeichnen. Man rollt entspannt ca. 10 km so dahin und auch wenn es bei Abetsweiler noch einmal einen kurzen Stich gibt ist die Streckenführung einfach, die Landschaft genial … einfach genial halt! Auch mir ist klar: das sind alles Wirtschaftswege und als die vor Jahrzehnten gebaut wurden dachte sicherlich keiner an Rennradler. Aber irgendwie werde ich genau jetzt den Eindruck nicht los, dass dieses Wege letztlich nur, aber auch nur für Rennradler angelegt wurden. Liebe Straßenplaner des Allgäus: wir Rennradler danken euch!

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Kurz hinter Gaisenbeuren Richtung Dinnenried

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Blick über die Getreidefelder bei Abetsweiler. Eine Straßenführung wie gemalt…

Die bedrohlichen Wolkenformationen am Abendhimmel und die Temperaturen wiederum passen nicht so recht zu dieser ruhigen Voralpenlandschaft im Frühling. Das hier erinnert mich eher an einen Tag an der Altantikküste in der Bretagne nachdem die nächste Regenfront durchgerauscht ist. Es ist nicht wirklich sehr kalt, aber das Wort „Frühlingsabend“ klingt eigentlich irgendwie wärmer – vor allem wenn es schon fast Mitte Mai ist. Schließlich kommt er aber doch noch der Sommer, wenn auch nur kurz vor dem Sonnenuntergang und auch nur auf einem der vielen kleinen grünen Ortschilder der vielen Weiler. Immer wieder amüsant was es hier so an Namen zu entdecken gibt.

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Blauer Himmel, aber kühle Temperaturen. Immerhin kommt man dem Sommer auf dieser Tour schon sehr nahe.

 Nach nur wenigen Metern ist der Sommer(s) dann auch schon wieder vorbei und ich biege rechts ab und steure geradewegs auf die Kreisstraße zwischen Alttann und Bergatreute zu. Wer hier jetzt abkürzen will, der biegt an der Kreisstraße links nach Alttann / Wolfegg ab. Ich halte mich jedoch rechts Richtung Bergatreute. Und da Bergatreute bei dieser Tour tabu ist schieße kurze Zeit danach links hinunter nach Witschwende. Noch ehe ich mich versehe, verlasse ich Witschwende auch schon fast wieder und sehe das Ortsausgansschild vor mir. Auf dem Schild steht „Tal 2 km“. Klingt gut, ist aber erst mal gelogen denn es geht direkt (aber auch schon wirklich direkt) nach dem Ortsschild steil bergauf. Die Anhöhe mit ist aber schnell erreicht und hier bietet sich das letzte Mal ein herrlicher Blick über das gesamte Schussental. Eine Parkbank auf der Anhöhe lädt zum Verweilen ein, aber mir ist es einerseits zu spät und andererseits ungefähr 10 °C zu kalt für einen Zwischenstopp. Aber dann geht’s wirklich ins Tal und zwar mit satten 13 %. Wer gerne wandert ist in dieser Ecke auch gut aufgehoben. Es gibt viele Wanderwege und ganz unten im Tal einige sehr idyllische Weiher. Wirklich traumhaft schön bei in dieser Abendstimmung. Allerdings bleibt angesichts der schmalen Straße und des enormen Gefälles hier für den Radler im Moment nicht viel Zeit zum Träumen. Hier muss man hellwach sein. Nach genau 2 km Abfahrt befinde ich mich dann auch voll und ganz im Tal… also ganz unten. Und wenn man ganz unten in einem Tal ist geht es meist auch irgendwann wieder bergauf. Hier in Tal ist „irgendwann“ gleichzusetzen mit „sofort“. Es geht direkt und ohne Atempause mächtig in die nächste Steigung. Eine scharfe Linkskurve und ich wechsle meinen Gang von „Kette ganz rechts rechts“ nach „Kette ganz links“. Und, wer hätte es gedacht, der nächste Ort heißt „Berg“. Hier stimmen aber dann wenigstens konsequent die Verhältnisse, denn es geht bis Berg immer nur hoch. Gut 114 Höhenmeter auf 1,8 km sind schon sehr knackig und zweimal erreicht die Steigung laut Aufzeichnung satte 15 % – aber es fühlt sich nach deutlich mehr an!

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Kurz hinter Witschwende. Zum Tal geht’s in jedem Fall erst mal bergauf. Betrug?

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Nein, kein Betrug! Nach nur 500 Metern stürzt sich die Staße mit 13 % runter in idyllische Tal. Ein kurzer Blick nach links ist erlaubt

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Und wer im Tal ist muss auch wieder rauf. Sinnvoller Weise heisst der nächste Ort Berg (der Name ist Programm). Wie man sieht ist die Alternative zum Berg leider der Weg durch die Höll …

Eine einfachere Variante geht über Wassers, aber die Strecke über Berg ist kürzer und trotz (oder wegen?) der heftigen Steigung schöner. Beloht wird man zudem noch mit einer kurzen aber sehr schönen Abfahrt von Berg runter zu L317. Noch einmal zieht sich die Strecke jetzt leicht hinauf zur Kreuzung mit der L323, welche von Wolfegg/Grund kommt. Ab hier ist der komplette Rest der Tour bis zurück nach Ravensburg entweder flach oder abschüssig… also überwiegend eher abschüssig. Und das sind in Summe immerhin 16 km. Los geht’s mit einer 5 km Abfahrt hinunter nach Unterankenreute durch ein ausgedehntes Waldstück. Die Landstraße ist um diese Uhrzeit und unter der Woche Richtung Ravensburg/Weingarten verwaist und gehört mir ganz allein. Etwas mehr Sonne in der Abfahrt wäre jetzt das Sahnehäubchen. Ich schätze mal es hat mittlerweile unter 10 °C und im Schatten bergab ist es dann hier doch schon etwas leicht frostig. Meinem Wunsch wird entsprochen, denn in Unterankenreute biege ich links ab über die Felder nach Wetzisreute und von dort weiter über Appenberg nach Schlier. Die kleine Nebenstraße über Appenberg lohnt sich, auch wenn es ein kleiner Umweg ist. Von Schlier aus über Fenken geht’s zurück zum Ausgangspunkt nach Ravensburg. Die letzten 2 km Abfahrt runter in die Stadt sind auf diesem Weg wie immer ein Vergnügen.

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  • Detailliertes Streckenprofil (klicken zum Vergrößern):

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