Caniço de Baixo – Santa Cruz – Machico – Ponta de São Lourenço – Portela – Camacha – Caniço de Baixo
Diese Tour ist ein typisches Beispiel von „Denkste“. Nicht mal 800 m ist die höchste Erhebung dieser Tour. Das ist wahrlich kein Vergleich zum Pico do Arieiro am Vortag. Und doch kommt hier ganz schön was an Höhenmetern zusammen. Insgesamt ist diese Tour aus meiner Sicht nicht nur wegen der 18 km mehr deutlich anspruchsvoller als 2. Etappe zum Pico de Arieiro. Trotz des starken Regens beim Landeanflug konnte ich die felsige und zerklüftete Steilküste an der Ostspitze Madeiras durch die Wolken hindurch bereits gut sehen. Schon die schönen Bilder der Ponta de São Lourenço im Reiseführer waren für mich Grund genug gewesen, diesen Teil der Insel definitiv in eine Runde einzubauen. Dabei handelt es sich von Machico aus um eine insgesamt etwa 20 km lange Stichtour (Hin- und Rückweg) und ich mag eigentlich wirklich keine Stichtouren. Im Nachhinein bestätigt sich aber, dass die Ponta de São Lourenço auf jeden Fall einen Besuch wert ist.
An diesem Tag präsentiert sich das Inselwetter zur aller ersten mal von seiner besten Seite. Der erste Teil meines Weges entlang der Küste Richtung Santa Cruz / Machico ist bis Gaula identisch mit der Tour des ersten Tages („Prolog“). Leider erspäht mich aber auch an diesem Tag die gleiche Hundemeute wie am ersten Tag. Das Verfolgungsrennen findet glücklicherweise (für mich !) an einer stark abschüssigen Stelle nach 3 Kilometern statt und so hat das Hundepack keine Chance. Außerdem bin ich heute im Vergleich zum ersten Tag vorbereitet. Mit gelangweilten Hunden muss man leider immer wieder rechnen und für Radfahrer haben die angriffslustigen unter Ihnen leider ein Fabel. Im Normalfall gilt: Ruhe bewahren und so gut wie möglich ignorieren. Kurz hinter Gaula erreicht man Santa Cruz, ein netter, kleiner Ort, der an seiner schönen Hafenpromenade zu einem Café einlädt. Für mich ist es, so kurz nach dem Frühstück, noch nicht die Zeit für einen weitern Café. Eine kurze Pause gönne ich mir aber und setzte mich nur auf eine der Bänke am Strand. Ich geniesse den klaren Blick über die bunten Ruderboote hinüber zu den Ilhas Desertas etwa 30 km vor Madeiras Küste. So viel Ruhe sollte man an diesem Ort eigentlich gar nicht erwarten, liegt Santa Cruz doch direkt neben der Start- und Landebahn des Flughafens. Hier entscheidet wohl der Wind über Start- und Landerichtung. Dabei habe ich dann heute offensichlich Glück, denn die Flugzeuge starten in Richtung Machico, so dass ich in Santa Cruz unbehelligt bleibe. Weiter in Richtung Machico fährt man dann parallel zur Start- und Landebahn, die nur knapp 100 m von der Straße entfernt verläuft. Imposant ist das Nordost Ende der Start- und Landebahn, welches in Richtung Machico zeigt. Der Flughafen von Madeira galt angeblich einst als einer der schwierigsten Flughäfen Europas, bis die Landebahn auf Betonpfeilern liegend “ künstlich“ ins Meer hinein verlängert wurde. Zwischen Santa Cruz und Machico hat man an einigen Stellen freien Blick auf diese waghalsige “ Stelzenkonstruktion“ die nur wenige Meter parallel zur Autobahn verläuft. Schon beeindruckend ! Bevor ich mich auf die kurze, aber rasante Abfahrt runter in Richtung Machico stürze, steige ich Queinmado oberhalb von Machico noch einmal kurz ab und geniesse den ungetrübten Blick von der Baia de Zarco hinüber zu den Felsen der Ponta de São Lourenço. Heute ist weiß-blauer Himmel angesagt. Nur ein paar harmlosen Wolken zeigen sich – einfach traumhaft! In Machico angekommen ist es höchste Zeit für einen Café com Leite, Wasser, Poncha und ein paar Dentinhos. Letzteres sind kostenlose, zumeist salzige Kleinigkeiten die man oft in einer Bar gereicht bekommt. Abgesehen, dass mir diese Kleinigkeiten immer ganz gut geschmeckt haben ist Salziges beim Radln ja auch nicht unbedingt schlecht. Nach der Stärkung schwinge ich mich wieder auf’s Rad und halte Kurs Richtung Zwischenziel an der Ostspitze der Insel. Fahrrad oder Auto – egal: man muss durch einen Tunnel. Glücklicherweise gibt es für den motorisierten Teil der Bevölkerung die Autobahn Richtung Freihafen in Caniçal. Somit ist der Verkehr auf der Nebenstraße ER109 nach Ponta de São Lourenço minimal. Weiterhin ist der Tunnel auf der besagten Nebenstraße auch nur ca. 700 m lang und halb so wild weil einigermaßen gut beleuchtet. Das viel besagte Licht am Ende des „Tunnels“ sofort. Apropos: Tunnel hin oder her, am Madeira typischen rauf und runter führt auch auf dem Weg zur Ponta nichts vorbei. 200 Höhenmeter von Machico hoch, 200 Höhenmeter gleich nach dem Tunnel wieder runter zum Meer Richtung Caniçal. Wer mitdenkt weiß jetzt auch schon, dass er das auch alles wieder hochfahren muss… Stichstraße halt! Also wegen des kleinen Örtchens Caniçal könnte man sich diese Übung sicherlich sparen. Ob es im Ort schön ist habe ich nicht mehr überprüft, die Umgebung um den Freihafen ist auf Fall nicht unbedingt ansprechend.
Der schöne Teil beginnt dann direkt hinter dem Freihafen. An allen Kreisverkehren nehme ich Kurs Richtung „Miraduro“ (Aussichtspunkt). Am letzten Kreisverkehr unbedingt die zweite Ausfahrt noch oben nehmen. Bereits direkt hier am Kreisverkehr sollte man sich einaml kurz Zeit nehmen für einen Blick entlang der Nordostküste in Richtung Faial. Die Straße endet nach etwa einem Kilometer am Miraduro. Die Steilküste ist nicht nur wegen der über 150 m hohen Felswände, die hier senkrecht ins Meer stürzen, sehenswert. Wunderschön ist auch das Farbenspiel der Rot- und Brauntöne der Felswände. Dies Felswände im Kontrast zu den grünen Bergrücken und dem blauen Meer sind wahrlich ein Postkartenidyll. Der Aussichtspunkt „Miraduro“ ist aber nicht der absolut östlichste Punkt, den man auf der Straße mit dem Rad erreichen kann. Also zurück zum letzten Kreisverkehr und kurzerhand die andere Ausfahrt genommen. Zum tatsächlich östlichsten Punkt sind es von hier aus dann nur noch 2,5 km. Der Blick am großen Wanderparkplatz reicht auf die letzte Inselspitze und verliert sich dann im Blau des Atlantik.
Der Weg hierher ist sicherlich lohnender, wenn man vor hat ganz raus auf die Porta da Alba zu wandern. Dem Rennradler fehlt hierzu leider das passende Schuhwerk. Zurück geht’s wie gesagt auf dem gleichen Weg über Caniçal und den besagten Tunnel nach Machico, aber nicht in Richtung „Centro“, sondern nach Maroços bzw. Faial / Portela. Wenn man unten angekommen die erste Abzweigung nach Maroços nimmt, kann man eigentlich nichts falsch machen. Dank der parallel laufenden Schnellstraße VE1 nach Faial ist auf dem Weg den ich nehme fast nichts los. Ich habe das schöne Tal hoch zur Portela praktisch für mich alleine. Die hinter mir liegenden 42 km waren ein ständiges auf und ab zumeist kleiner giftiger Steigungen. Eine Erhebung mit mehr als 250 m über dem Meer war heute bislang nicht dabei und doch stehen schon einmal 1150 Höhenmeter zu Buche – nicht schlecht. Der Weg hoch zur Portela lässt sich auch erst einmal locker an. Die ersten 3 km haben gerade einmal 5 % im Schnitt und die Landschaft um mich herum sorgt für genügend Abwechslung und Ablenkung, so dass es erst einmal recht locker läuft. Kurz hinter Maroços ist aber dann Schluss mit lustig… Also lustig ist es immer noch, aber locker ist es nicht mehr. Auf den nächsten 3 km fallen die 15 und 20 % Marken reihenweise. An manchen Stellen bin ich wirklich beeindruck welche Höhendifferenzen man mit nur einer einzigen Kehre überwinden kann. Der Begriff „sacksteil“, den ich bisher nicht richtig definieren konnte, ist jetzt definiert: „sacksteil“ ist ein Stück, dass so steil ist wie das Stück zwischen Maroços und Portela. Die Portela markiert den höchsten Punkt der der Verbindungsstraße zwischen Machico und Faial. Diesen höchsten Punkt mit seinen gerade einmal 610 m Höhe über dem Meer würde man anderswo wohl höchstens als kleinen Hügel bezeichnen. Oben angekommen brauche ich aber erst ein paar Sekunden um wieder Luft zu holen, bevor mir eine Ecke weiter dann der Blick auf die Nordküste mit Ihren schroffen Bergen um Faial erneut den Atem raubt. „Kleiner Hügel, großartiger Ausblick“ denke ich ! Der Blick Auf diese Küste macht Lust auf mehr, allerdings kann ich vorwegnehmen, dass es für eine Tour entlang der Nordküste in diesem Urlaub leider nicht gereicht hat. Aber man will sich ja auch noch etwas neues für das nächste Mal aufheben. Mit dem Auto habe ich im Übrigen auf der Rückfahrt der „5. Etappe“ (siehe dort) den Abschnitt zwischen Porto Moniz und São Vicente erkundet. Das Profil habe ich mit dem GPS aufgenommen und ein paar Bilder gibt es auch. Das Ganze findet sich als „Bonus Etappe“ am Ende dieses Berichts. Kurzfazit: Die Nordküste lohnt sich landschaftlich unbedingt. Andererseits: im Februar könnte so eine Tour im ohnehin regenreicheren Norden der Insel ein äußerst feuchtes Vergnügen werden. Der Blick auf meine Uhr sagt mir, dass es Zeit ist, sich zurück auf den Weg nach Caniço zu machen. Ich folge der Straße ER102 weiter nach Richtung Santo de Serra / Camacha / Funchal. Eine interessante Variante des Rückwegs für Frühaufsteher ist sicherlich die ER108 São Roque do Faial und dann die ER217 zum Passo de Poiso. Wer so fährt hat zwar gerade mal ca. 20 km mehr, sollte die Höhe des Passo de Poiso mit 1400 m nicht vergessen. Ich schätze die Tour hätte in Summe etwa 90 km bei 3000 Höhenmetern bergauf. Mein Rückweg stellt sich demgegenüber als deutlich harmloser heraus. Die Strecke von der Portela nach Camacha entpuppt sich als abwechslungsreiches und moderates auf und ab entlang der tief hängenden Wolkengrenze. Die Steigungen sind eher harmlos und von kürzerer Dauer. Immer wieder kann man auf einer kurzen Abfahrt die Beine hängen lassen, sich erholen und die Landschaft genießen. DIe Strecke von der Portela ist kurz gesagt einfach ein genialer Höhenweg: abwechslungsreich, kaum Verkehr. Ab Camacha geht es dann nur noch bergab … und wie es hier bergab geht ! Das Stück bin ich ja schon einmal gefahren, jedoch bergauf bei der „2. Etappe“ zum Pico do Arieiro. Hier kommen jetzt erst einmal durchschnittlich 10% Gefälle auf den nächsten 4 km. Heute ist es bei der Abfahrt endlich einmal trocken und damit kommt zum Abschluss des Tages noch einmal so richtig Spaß auf !
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